Im Historischen Sitzungssaal des Landratsamtes in Ottweiler wurde die Charta des Netzwerk Demenz im Landkreis Neunkirchen von Vertreterinnen und Vertretern des Landkreises, der sieben Kommunen der Landesfachstelle Demenz sowie dem Demenzverein im Landkreis Neunkirchen e.V. gezeichnet. Im Rahmen der Umsetzung des saarländischen Demenzplans hat das Netzwerk Demenz im Landkreis Neunkirchen in Zusammenarbeit mit der Landesfachstelle Demenz Saarland diese Charta erarbeitet. Durch die Zeichnung der Charta für den Landkreis Neunkirchen soll dieser zu einem demenzaktiven Landkreis weiterentwickelt werden.
Landrat Sören Meng sagte: „Mit dem Netzwerk Demenz haben wir im Landkreis Neunkirchen bereits ein starkes Bündnis geschaffen, das Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen nicht allein lässt. Dies möchten wir nun mit den Kommunen und weiteren Netzwerkpartnern sukzessive ausbauen, damit die Betroffenen mit Würde, Teilhabe und Verständnis leben können. Ein demenzaktiver Landkreis ist ein menschlicher Landkreis.“ Die Vorsitzende des Demenz-Vereins im Landkreis Neunkirchen, Birgit Mohns-Welsch, fügte hinzu: „Durch die erfolgreiche Arbeit unseres Netzwerkes konnte dieses Dokument mit überregional modellhaftem Charakter auf den Weg gebracht werden, damit Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen künftig auch in den Kommunen vor Ort frühzeitig erste Informationen erhalten und ihnen Beratung, Hilfen und Entlastung vermittelt werden können.“
Das Netzwerk Demenz im Landkreis Neunkirchen wurde 2018 gegründet und wird vom Demenz-Verein im Landkreis Neunkirchen e.V. koordiniert. Von den inzwischen über 80 Netzwerkpartnern aus dem Landkreis, den sieben Kommunen, Einrichtungen, Verbänden, Diensten und engagierten Einzelpersonen hat sich ein großer Teil der Partner im Rahmen von freiwillig-rechtlichen Kooperationsvereinbarungen zu dem übergeordneten Ziel verpflichtet, für eine bestmöglichste Qualität in der Begleitung von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen im Landkreis Neunkirchen zu sorgen.
Die Charta als Verpflichtung der sieben Städte und Gemeinden ist eng angelehnt an das Segment „Demenz und Kommune“ des saarländischen Demenzplans und an die Maßnahmen der nationalen Demenzstrategie im Bereich „Auf- und Ausbau von Strukturen zur gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Demenz an ihrem Lebensort“. So sollen in den Kommunen beispielsweise Demenz-Beauftragte als erste Ansprechpersonen und Koordinator*innen benannt werden. Neben dem Landkreis Saarlouis ist der Landkreis Neunkirchen der zweite Landkreis im Saarland und bundesweit der sich den Zielen der Charta verpflichtet, insofern hat das Vorhaben absoluten Modellcharakter.
Die Charta des Netzwerk Demenz im Landkreis Neunkirchen richtet sich außerdem an die Wohlfahrtsverbände, ambulanten und (teil-)stationären Dienste, Kostenträger und politischen Gremien, Kirchengemeinden, Vereine und alle, die sich beruflich oder ehrenamtlich für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen einsetzen, sich im Rahmen konkreter Maßnahmen den Zielen der Charta zu verpflichten.
Nähere Informationen zur Umsetzung des saarländischen Demenzplans und zum Thema Demenz unter 06831/48818-0 oder beim Demenz-Verein Neunkirchen unter 06824/204976-0
Hintergrund:
Durch bessere Lebensumstände und medizinische Versorgung hat sich die Lebenserwartung in den letzten 100 Jahren nahezu verdoppelt. Dabei ist es normal, dass mit zunehmendem Alter die Leistungsfähigkeit des menschlichen Körpers langsam abnimmt. Leistungsstörungen des Gehirns (Demenzen), die über eine allgemeine Gedächtnisstörung hinausgehen, sind jedoch entgegen weit verbreiteter Auffassung keine natürliche Begleiterscheinung des Alters. Vielmehr können sie erste Anzeichen ernsthafter Erkrankungen wie der Alzheimer-Krankheit sein. Wissenschaftlichen Schätzungen zufolge leben in der Bundesrepublik Deutschland ca. 1,8 Mio. Demenzerkrankte. Im Saarland gibt es bis zu 25.000 Personen, die an Demenz erkrankt sind. Dies bedeutet auch, dass 9,3 % der saarländischen Bevölkerung über 65 Jahre an einer Demenz leiden (Bundesschnitt 8,8 %).
Von den Hauptpflegepersonen sind 83 % Frauen, die in den meisten Fällen mit dem Pflegebedürftigen in einem Haushalt leben. In der Regel sind dies Ehefrauen, Töchter oder Schwiegertöchter, die dem Pflegebedürftigen in 85 % der Fälle rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Nicht umsonst spricht man bei pflegenden Angehörigen von Demenzkranken von einem sogenannten 36-StundenTag, denn pflegende Angehörige sind mit der Betreuung von Menschen, die aufgrund ihres Alters verwirrt und psychisch verändert sind, vor besonders schwierige Aufgaben gestellt.
Angehörige von Demenzerkrankten (z.B. Alzheimer) sind nicht nur den Belastungen ausgesetzt, wie man sie auch bei Angehörigen von Patienten mit schweren chronischen, körperlichen Erkrankungen findet, wie z.B.
- Notwendigkeit ständiger Anwesenheit
- Fehlende Hoffnung auf Verbesserung
- Angst vor einer weiteren Verschlechterung
- Aufgabe eigener Bedürfnisse und Interessen
- Konflikte mit anderen Angehörigen, z.B. wegen zu geringer Unterstützung durch diese
Hinzu kommen vielmehr noch spezielle Probleme durch Desorientiertheit, Umkehr des Tag-Nacht-Rhythmus, Vergesslichkeit, Aggressivität und Wesensveränderung, die die Beziehung zwischen Betreuer und Betreutem zunehmend belasten und verändern, häufig die Zuneigung auslaugen.
Für die pflegenden Angehörigen bedeutet dies erhebliche Belastungen und Einschränkungen ideeller und materieller Art. Aus eigenen Untersuchungen wissen wir, dass die Hälfte der pflegenden Angehörigen unter behandlungsbedürftigen Depressionen leidet

